Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Sommer im Park“ räumte der Rittergartenverein Vertretern der DonauInitiative „ErhaltensWe(h)rt“ die Möglichkeit ein, über die aktuelle Entwicklung in der Frage Donauabsenkung zu berichten. Für die besondere Brisanz sorgte die vor dem Zelt dümpelnde Donau selbst, deren optisches Erscheinungsbild den Beweis führt, dass die Vorstellungen des zuständigen Umweltministers Franz Untersteller weit von der Wirklichkeit der Donau in Tuttlingen entfernt sind.
Stellvertretend für die Donauinitiative „ErhaltensWe(h)rt“ nutzten Thomas Rohrbach und Prof. Dr. Thomas Kattler in teilweise sehr pointierter Art die Aussagen des noch amtierenden Umweltministers Franz Untersteller, formuliert in seinem Antwortschreiben auf die kleine Anfrage von Guido Wolf im Landtag vom 19.12.2019, um Wunschdenken des Ministers mit den Donaurealitäten vor Ort abzugleichen.
Während Untersteller die Rolle der Donauversickerung im Raum Immendingen und Möhringen als Normalität in einer Karstlandschaft herabwürdigt und somit nicht als bedeutende Naturbesonderheit respektiert, weist der UNESCO Global Geopark Schwäbische Alb ausdrücklich auf die Donauversickerung als besonderes Phänomen hin. Die in der Wasserrichtlinie geforderte Umsetzung der Durchwanderbarkeit der Flüsse dürfte bei einem Gewässer, welches wie 2011 an 214 Tagen trocken fiel, während dieser Zeit problematisch werden bzw. kann als Nachweis von Realitätsferne oder schablonenhaftem Denken interpretiert werden.
Auch die folgenden Ausführungen von Untersteller für den weiteren Verlauf der Donau sind nicht widerspruchsfrei. Während er in seinem Schreiben eine „… möglichst naturnahe( ) Laufentwicklung …“ fordert, endet im Bereich Möhringen die Donau kanalartig an einer massiv betonierten Fischtreppe. Obwohl entsprechender Raum für eine Mäanderbildung der Donau vorhanden wäre, lobt der Minister dieses Bauwerk als eine dem Naturschutz dienende Maßnahme. Diese seit Jahrzehnten geplante Fischtreppe wurde eigenmächtig und ohne Rücksprache seitens des Regierungspräsidiums realisiert. Spricht der Minister bei der Fischtreppe noch von einem Beitrag zur Verbesserung der Wasserqualität, neigen die Beobachter vor Ort dieses Bauwerk als einen Beitrag zur Steuergeldverschwendung zu werten. Unabhängig vom architektonischen Wert im Landschaftsbild, stellt sich auch die Frage nach dem ökologischen Sinn. Diese Fischtreppe wurde an einer Stelle errichtet, wo an Tagen mit Vollversickerung ausschließlich der Krähenbach für Wasser sorgt. Zum Verständnis ein kleiner Vergleich: im Durchschnitt entsprechen sich mengenmäßig Krähenbachwasser und Zulauf aus der weiter unten angesiedelten Möhringer Kläranlage.
Klammert man die gelungene Renaturierung zwischen Möhringen und Koppenland aus, scheint den Autoren des Ministerschreibens auch entgangen zu sein, dass in den zwischenzeitlich verstrichenen 3 Jahren die Betonplatten im Böschungsbereich nach wie vor ihr Dasein fristen. Damit wird die einzig wirksame Maßnahme zur Verbesserung der Wasserqualität im Schlauch verschleppt. Die Forderungen nach Ausbau der Platten seitens der Stadt und auch im Monitoring-Bericht von Dr. Wurm werden ignoriert. Hat man Angst, dass durch den Ausbau der Betonplatten plötzlich die Wehrabsenkung hinfällig und zu einer politischen Seifenblase im dogmatischen „Das-Wehr-muss-weg-Denkens“ bei den zuständigen Stellen im Landratsamt, Regierungspräsidium und Umweltministerium wird?
Die letzten Monate führen die Vorstellungswelt eines Unterstellers komplett ad absurdum. Wehrinstandsetzung in Kombination mit Corona und dem fehlenden Wasser in den Folgemonaten, schließlich wurden seitens des Landratsamt die erforderlichen Zuflussmengen für einen Aufstau von 600 l/s grundlos auf 1200 l/s erhöht, sorgten für den Vollabstau. 2017 meinte Untersteller wörtlich: „Eine sichere Lösung, den guten ökologischen Zustand und damit die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes und der Wasserrichtlinie bis spätestens 2027 zu erreichen, wäre die frei fließende Donau ohne Aufstau.“ Dass ein Zusammenhang zwischen Breite eines Flussbetts und Wasserverlauf bestehen könnte, war ihm da anscheinend nicht bekannt. Im Innenstadtbereich ist bei der gegebenen Breite die Schaffung von Barrieren unvermeidbar, d.h. es findet ein natürlicher Aufstau statt. Die daraus resultierenden massiven Algenbildungen und Geruchsbelästigungen sind äußere Merkmale einer rapide abnehmenden Wasserqualität. Durch die geringe Wassertiefe konzentrieren sich die Fische in abgegrenzten, vielfach unterteilten Flussbereichen, bei höheren Temperaturen mit stärkerer Verdunstung Idealbedingungen für ein Fischsterben. Mit dem indischen Springkraut, das sich schlagartig am Donauufer ausgebreitet hat, wird Tuttlingen viele Regionen flussabwärts beglücken, hält sich der Samen auch nach 5 Jahren im Wasser noch keimfähig. Dass sich durch den abgesenkten Pegel der Donau die Temperaturzunahme im innerstädtischen Bereich weiter verschärft, hat eine weitere Messung in diesem Sommer ergeben.
Warum wird die Initiative weiterarbeiten? Wir hoffen auf ein neues Gutachten, ebenso auf ein faires Gerichtsurteil. Vielleicht beschert uns auch die nächste Wahl einen Umweltminister, dessen Verständnis für Bürgernähe sich mit den Vorstellungen von Bürgernähe durch die Bürger deckt und das Fingerspitzengefühl eines guten Juristen bei der Auslegung von Rechtsvorschriften hat. Ebenso wäre es schön, würde man sich im Stammland des Liberalismus ein Stück „Liberalitas Bavariae“ unseres östlichen Nachbarn abschauen: obwohl in Bayern die gleichen Gesetzte wie bei uns gelten, löst man dort die Anforderungen mit Augenmaß und ohne ideologische Scheuklappen. Außerdem dürfen wir nicht jenen das Feld überlassen, die glauben, mit Vorabgehorsam gegenüber dem Regierungspräsidium würde sich deren Verhalten gegenüber der Stadt verändern. Über 10.000 Unterschriften erwarten eine Antwort, auch von den Parteien, die nach Regierungsverantwortung streben.
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